cash: «SNB-Massnahmen wären jetzt sinnlos»
06.06.2014 03:30
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Die Schweizerische Nationalbank hat nach den EZB-Geboten kaum Handlungsbedarf, sagt Thomas Stucki, CIO der St. Galler Kantonalbank und ex-Anlagechef der SNB, im Börsen-Talk. Er sagt, welche Aktien nun reizvoller sind.
Von Ivo Ruch
Ein Befreiungsschlag war das nicht, was EZB-Chef
Mario Draghi am Donnerstag anlässlich der Ratssitzung der Notenbank
bekannt gab. Dieser Meinung ist Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler
Kantonalbank."Das sind die Massnahmen, die man mindestens erwarten konnte, nachdem sich Mario Draghi so stark aus dem Fenster gelehnt hatte", sagt Stucki im cash-Börsen-Talk. Die Finanzmärkte hätten aber einen grossen Wurf, etwa ein gross angelegtes Programm zum Aufkauf von Anleihen, erwartet. "Und das ist ausgeblieben."
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Bemerkung
Damit ist das sogenannte quantitative Easing gmein. Dabei kauft die Zentralbank Staats-, andere Obligationen und tausende in Special Purpose Vehicles (SPV) eingebrachte Schulden der Privathaushalte auf. SPV sind dazu gemacht, die Bilanzen der Banken zu verkürzen bzw. die Relation Fremdkapital/Eigenkapital zu verbessern.
Die Zentralbank greift in den Markt ein; es handelt sich um eine scharfe Konkurrenzierung der Privatanleger. Aufgrund solcher Massnahmen werden die Märkte - nicht nur eines speziellen Währungsraumes (hier der EUR-Raum) - mit Liquidität regelrecht überschwemmt. Weil die Zentralbank sich entlang der gesammten Zinskurve (Laufzeiten von drei bis 50 Jahren) engagiert, sinken die Zinsen auf auch für alle Laufzeiten ab.
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Die EZB hat am Donnerstag beschlossen, ihren Leitzins von 0,25 auf 0,15 Prozent zu senken und gleichzeitig erstmals in der Geschichte einen Strafzins von 0,1 Prozent einzuführen. Zudem stellt die Notenbank den Banken dieses Jahr zunächst 400 Milliarden Euro zur Verfügung, damit diese das Geld an Unternehmen weiterreichen und die Kredite dann die Wirtschaft beleben.
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Bemerkung
Die Wirtschaft kann nicht "belebt" werden. Wenn das Publikum bzw. die Privatwirtschaft keine Kredite nachfragt, nimmt das Volumen der Kredidte nicht zu. Der eingeführte Strafzins von 0.1% ist geradezu ein Witz; dieser Satz wird von Draghi im Zeitverlauf auf MINUS 2% erhöht werden müssen. (Draghi spricht von zu ergreifenden unkonventionellen Massnahmen)
Schon Fritz Leutwyler prägte in den Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts den Satz: "Du kannst die Gäule zur Tränke führen, trinken müssen sie schon selber!"
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Kein SNB-Negativzins
Gerade von der letzten Massnahme zeigen sich viele Experten wenig überzeugt – auch Stucki: "Ich glaube nicht, dass dieses Programm die Kreditvergabe in Europa massiv ankurbeln wird." Und auch gegenüber dem verordneten Strafzins ist er kritisch eingestellt. Denn dieser sei zu klein, um die Banken hart zu treffen.
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Bemerkung
Hier braucht niemand ein Experte zu sein; alles was benötigt wird, ist die Fähigkeit zu denken. Und dies wird an zahlreichen Universitäten leider nicht gelehrt.
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So wird laut Stucki, ehemaliger Anlagechef der Schweizerischen Nationalbank, die SNB in diesem Bereich nicht aktiv werden: "Das macht keinen Sinn. Im Gegenteil, denn Schweizer Banken vergeben sehr viele Kredite." Der Euro-Franken-Kurs werde auch in Zukunft irgendwo um 1,22 anzutreffen sein, meint Stucki. "Der Vorteil des fixierten Wechselkurses ist der, dass die SNB nicht auf einen EZB-Entscheid reagieren muss. Der Nachteil: Die Geldpolitik der SNB wird momentan in Frankfurt gemacht."
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Bemerkungen
Bei den "sehr vielen" Krediten, welche die Banken vergeben, handelt es sich um Baukredite an die Bauindustrie, welche letztlich durch den Privatsektor konsolidiert werden (Hypothekarkredite). Die Kredite werden in der Bankbilanz nach unten geschoben; wir nennen es Aktiventausch. Bei den anderen "sehr vielen" Krediten handelt es sich um Konsumkredite; deren viele zwar aber lediglich sehr kleine.
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Die Schweizer Börse liess sich von den EZB-Beschlüssen nur kurzfristig hochreissen. Der Swiss Market Index (SMI) schliesst am Donnerstag 0,2 Prozent im Minus. Anders der Dax: Der deutsche Leitindex kletterte vorübergehend über die historische Marke von 10‘000 Punkte und ging mit einem leichten Plus aus dem Handel.
Auch für die Zukunft der Aktienmärkte ist Stucki optimistisch. Grundsätzlich sei der Entscheid aus Frankfurt gut für die Börsen. "Denn die Massnahmen kurbeln die Wirtschaft an und geben den Anlegern ein sicheres Gefühl", so der Anlagechef.
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Bemerkung
Die Börse lässt sich niemals hochreissen. Es sind lediglich verblendete Akteure, welche sich dazu verleiten lassen - geleitet von Ankündigungen nutzloser Massnahmen eines verzweifelten NotenbÄnkers - an der Börse ein kleines Kursfeuerwerk loszutreten. Das Feuerchen wurde fast schon im Keim erstickt.
Diese Massnahmen kurbeln die Wirtschaft NICHT an, sie geben nicht einmal den wirklichen Anlegern ein sicheres Gefühl. Die "Professionellen" gehen aber mit Fug und Recht davon aus, dass die zwangsgesparten Mittel für die Altervorsorge in die Märkte fliessen MüSSEN. Dies ist allgemein bekannt.
Bekannt ist auch, dass es den zahlreichen Mänädschern von Pensionskassenvermögen, Fonds, Deckungskapital von Versicherungsgesellschaften verwehrt ist, das Richtige zu tun. Sie müssen sich an die auf "Sicherheit" getrimmten Anlagevorschriften der Aufsichtsbehörde halten. Ausserdem gehen diese Leute - Anleger, Assetallokatoren, Bankli, Investmentmänädscher, Consultants, Berater, Kontrolleure, Compliance Officers, Paritätische Kommissionäre, Fondsmanager, Bankberater, Kundenberater - KEINE Risiken ein.
Dabei handelt es sich bei den eingegangenen "Risiken" lediglich um die Abweichung des Anteils eines bestimmten Wertes vom Anteil dieses Wertes im vereinbarten Index, nicht einmal die Abweichung (Betafaktor) eines bestimmten Titels gegenüber dem Index zu welchem Universum er gehört. Das andere Risiko ist das systemische Risiko, welches anlässlich der Besprechung von Performance und anderen Resultaten als DIE Ausrede per se herhalten muss.
Der Tenor ist jeweils: "Wir sitzen alle im gleichen Boot"! Ob die Märkte nun steigen oder fallen; es kümmert die zahlreichen Manager nicht; sie kassieren ihre Löhne, Boni, Kommissionen, Umsatzabgaben, Börsengebühren.
Dies letztlich alles zu Lasten der Sparer, Pensionskassenmitgliedern, Rentenbezügern. Selber tragen sie überhaupt kein Risiko.
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EZB wird Zinsen nicht mehr senken
Mit der Senkung des Leitzins sei die EZB hingegen nun am unteren Ende angelangt, glaubt Stucki. "Wenn in Europa nicht noch einmal etwas ganz dramatisches geschieht, werden die Leitzinsen nicht mehr gesenkt."
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Bemerkung
Die Leitzinsen werden nicht unter Null fallen, dies ist doch wohl klar. Solche Massnahmen sind sowieso nicht realwirtschaftlich nützlich. Diese Mittel flossen in der Vergangenheit IMMER in den Finanzsektor. Es schien jeweils, als ob die Zentralbanken mit den Geschäftsbanken eine stillschweigende Vereinbarung hatten, die als kurzfristig maskierten Bedingungen für lange Zeit aufrecht zu halten. Auf diese Weise konnten sich die Geschäftsbanken in der Vergangenheit auf Kosten der Volkswirtschaft schon mehrere Male gesund stossen.
Das untere Ende ist nicht NULL; es ist weit UNTER NULL. Bei den "unkonventionellen" Massnahmen, welche Draghi im Hinterkopf mit sich rumträgt, ist die Einführung massiver Negativzinsen. Diese werden auf Kontokorrentguthaben, Spargeldkonti des Privatsektors erhoben. Auf diese Weise wird der Konsum von Konsumgütern massiv angekurbelt.
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So bilden Aktien auch in Zukunft einen wichtigen Bestandteil eines Anleger-Portfolios. Wer sich an die neuen Begebenheiten etwas anpassen möchte, dem gibt Stucki folgenden Tipp: "Innerhalb der Aktien kann man ein bisschen mehr in Richtung zyklische Bereiche ausweichen oder auf die in punkto Bewertungen zurückgebliebenen Schwellenländer-Aktien setzen."
Wenig spricht hingegen für deutsche Obligationen. Bei diesen seien die Zinsen am unteren Ende angelangt, so Stucki.
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Bemerkungen
In gemischten Portfolios wird der Aktienanteil zu Gunsten der Obligationen abgebaut. Die Assetallokatoren machen das Gleiche.
Von gewissen Kreisen werden die hohen Aktienpreise der vor uns liegenden Periode zur Dispersion benutzt. Sobald diese durchgeführt ist, wird das Fed - Tenor Ueberhitzung, Kreation von Inflationsängsten - seine Zinssätze erhöhen. Die übrigen Zentralbanken werden wohl oder übel nachziehen müssen. Der Kreislauf beginnt von vorne. Die Institutionellen "kotzen" ihre Portfolios aus und die festen Hände werden diese zu einem Bettelbatzen aus dem Markt nehmen. Alles schon gehabt.
Obligationen von Staaten wie etwa Deutschland und der Schweiz können getrost gekauft bzw. gehalten werden. Einzige Empfehlung ist, die satten Kursgewinne zu realisieren und den Erlös in Obligationen in der Nähe von 100% (Neuemissionen oder Obligationen mit auf Marktniveau liegenden Niedrigstzinssätze) zu reinvestieren. Versicherungen klassieren diese Anlagen auf Hold to maturity.
Im cash-Börsen-Talk beurteilt Thomas Stucki zudem das Handeln der verschiedenen Notenbanken seit Ausbruch der Finanzkrise.
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=pMyD4fwsqFI